Kultur & Ethos oder: eine Art Esperanto

Nach Jahrzehnten der Betonung von so genannten harten Faktoren (Strategie, Strukturen, Systeme) stehen seit spätestens den 1980er Jahren Kultur und Ethos hoch im Kurs.

Peters und Waterman machten 1982 („Auf der Suche nach Spitzenleistungen“) klar, dass Unternehmen mehr als nur aus den genannten drei S besteht. Von besonderer Bedeutung und Tragfähigkeit erweisen sich vielmehr die so genannten drei weichen S: Staff (Personal), Style (Stil), skills (soziale, methodische Kompetenzen). Sie gelten seither als erfolgskritische, ausschlaggebende Komponenten für Wohlbefinden und Erfolg.

Die genannten sechs S sind verbunden durch die Shared Values, die geteilten Werte. Shared Values wirken als Drehscheibe, von der alles ausströmt und auf das alles zuströmt – und jedes S mit jedem anderen verbunden ist (wenn auch, systemisch gedacht, in unterschiedlichen Wirkbeziehungen und –gewichtungen).

Kultur bezeichnet – knapp formuliert – jene Überzeugungen, (Vor-) Einstellungen und Haltungen, jenes Handeln und Verhalten, jene Ge- und Verbote, informellen und formellen, latenten und manifesten Regularien und Routinen, die die Zusammenarbeit prägen, bewusst und nicht bewusst, latent und manifest. Als Formel: „Bei uns ist es üblich, …..“ und „Bei uns macht man keinesfalls…..“

Ethos verweist auf ein Repertoire gelebter moralischer Attitüden, Werte und Werthaltungen, die sich in Normen konkretisieren. Das Repertoire prägt Persönlichkeiten und Kollektive aller Größen und transportiert Bewertungsstandards, die sich vielfältig äußern, z.B. in „Meinungen“ und Gefühlen.

Seit einigen Jahren sind besonders verbalsprachliche Kommunikation und Verhaltensweisen Adressaten kultureller und ethischer Selbst- und Fremdbeobachtung. Die Verunsicherung ist (zudem eingedenk transkulturell zusammengestellter Teams und Kollegenschaft) enorm; denn gesucht wird nach dem, was als moralisch korrekt, gut, fair, richtig und was als wertschätzend, respektvoll gilt.

Daher erleben viele Betroffene Zusammenarbeit häufig als ein Minenfeld – und dies aus insbesondere zwei Gründen: weil man selbst nicht genau weiß, was „angemessen“ ist, und weil es immer das Gegenüber ist, das das Urteil fällt, die Bewertung vornimmt. In dieses Gegenüber kann niemand hineinschauen.

Aus diesem Grund und durchaus unter dem als gegeben akzeptierten Diktat der Individualisierung/ Subjektivierung („Vereinzelfallung“) nehmen Unwägbarkeiten unvermeidlich zu und bewegen sich die um Korrektheit Bemühten auf vermintem Gelände.

Betroffene werfen typische Fragen auf.

Beispielsweise

  • Wie kommuniziere ich „richtig“: „fair“, „moralisch korrekt“, „sprachlich korrekt“, „empathisch“?
  • Wie muss ich mich verhalten, wenn ich von anderen wertgeschätzt sein möchte?
  • Was mache ich, wenn in meinem Team andere Werte vertreten werden als die, nach denen ich lebe?
  • Je ausgeprägter die Diversität in meinem Arbeitsumfeld ausfällt, desto verunsicherter bin ich. Wie soll ich z.B. wissen, wie jemand, der einer anderen Kultur als ich angehört, auf meine Art reagiert?
  • Gibt es Werte und Verhaltensregeln, mit denen ich immer richtig liege – egal, wer mein Gegenüber ist?
  • ….???

Diese exemplarischen Fragen verweisen auf mehrerlei, insbesondere:

  • auf ein Bestreben, zwischen Schein und Sein zu unterscheiden; häufig als Polarität formuliert wird: Authentizität versus Maskerade. „Ich will ich selbst sein und keine Rolle spielen“ steht als Haltung dahinter – und fordert dies bei dem Gegenüber ein.
  • auf das Bemühen, jedem Einzelnen gerecht zu werden, verknüpft mit dem als berechtigt vorausgesetzten Anspruch, dies leisten zu müssen.
  • auf ein Aufdecken, Erkennen jener Werte und Normen in verbaler und nonverbaler Sprache und Verhalten, die als erwünscht und akzeptiert gelten.
  • auf die Hoffnung, ein für alle verbindlicher Kodex helfe dabei, Konfliktpotentiale sehr klein zu halten.

Im Zielhorizont der Arbeit in diesem Themenkreis stehen folglich Selbstreflexion, um jene kulturellen und moralischen Konventionen und Überzeugungen ausfindig zu machen, die für einen selbst und die eigene Gruppe bis zum Unternehmen gelten. Herauszufinden sind zudem Toleranzspielräume sowie Optionen, eine Art Esperanto in der Zusammenarbeit zu finden.

Dr. Regina Mahlmann
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